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Zur Bedeutung der Meinungsäusserungs- und Medienfreiheit im Propagandakrieg

Regierungen von Demokratien, die die Meinungsäusserungs- und Medienfreiheit garantieren und Opposition zulassen, müssen jederzeit damit rechnen, dass die Behauptungen, die sie verbreiten, Recherchen ausgesetzt sind, kritisch beurteilt, kontrovers diskutiert werden. Diktaturen hingegen können gegenüber ihrem Volk und der Weltöffentlichkeit behaupten, was sie wollen - aber sie verdienen deshalb grundsätzlich kein Vertrauen.

Freier, leistungsfähiger, recherchestarker Inland-Journalismus, Meinungsäusserungsfreiheit und freie Opposition bieten die besten Voraussetzungen dafür, dass die Regierung eines Landes in ihren Aussenbeziehungen wahrheitsgetreu informiert und kommuniziert. Eine absolute Garantie ist es nicht. Es kann sich eine angeheizte Stimmung entwickeln, von der Regierung,  Opposition und die meisten Medien ebenfalls erfasst werden. Aber in einer einigermassen normalen Situation ist es Professionalismus von Medien und Opposition, das Handeln und Kommunizieren der Regierung möglichst kritisch zu beurteilen und Falschinformationen öffentlich zu entlarven.

Wie kommt man überhaupt auf die Idee, von uns Vertrauen in Behauptungen der Diktatoren Russlands, Chinas und anderer autoritärer Staaten zu erwarten?

In Russland und China gibt es weder unabhängigen Journalismus noch Opposition. Niemand kann und will die Propaganda, die ihre Diktatoren und ihre Regierungen nach aussen verbreiten, überprüfen und ihr widersprechen. Unabhängige russische Journalistinnen und Journalisten sind mundtot, verhaftet, tot oder im Exil. In Hongkong gab es eine freie Presse, bis Machthaber Xi sie ausschalten liess.

Ein Land wie Ungarn, das durch seinen Ministerpräsidenten zur „illiberalen Demokratie“ gemacht wird, muss mit einem sukzessiven Verlust der Glaubwürdigkeit seiner Regierungskommunikation rechnen.

Es geht nicht darum, Informationen und Positionsbezüge demokratischer Regierungen kritiklos hinzunehmen – auch nicht diejenigen der USA, auf deren militärischen Schutz das demokratische Europa angewiesen ist, denen aber immer wieder globalpolitische Fehlbeurteilungen und scheiternde Strategien unterliefen. Das demokratische Europa muss – in Partnerschaft mit den USA – politisch und strategisch unabhängig urteilen und agieren, und es muss militärisch selbständiger werden.

Siehe auch:

Berichte von „Reporter ohne Grenzen“, zum Beispiel diesen über die russische Exiljournalistin Jelena Kostjutschenko (Link)

Berichte über die ermordete russische Journalistin Anna Politkovskaïa, zum Beispiel dieses Buch ihrer Tochter Anna: Link

Reporter ohne Grenzen über Hongkong (Link)

amnesty über Hongkong (Link)

„Was halten Leute wie Roger Köppel von der Lage des russischen Journalismus““ (Link)

„Nur durch Zulassung freier journalistischer Arbeit könnte China sein Ansehen verbessern“ (Link)

Bild von Ulrich Gut

Ulrich Gut

Ulrich Gut (1952), Dr. iur., wohnt in Küsnacht ZH. Der ehemalige Chefredaktor und Kommunikationsberater kommentiert auf Online Plattformen politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Er präsidiert Unser Recht und ch-intercultur. 2009-2020 war er Zentralpräsident von Alzheimer Schweiz.

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