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Wie weiter mit den Geschäftsbeziehungen zu China?

"Keines der befragten Schweizer Unternehmen" wolle "zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf Geschäfte in China verzichten. Zu bedeutend sind die Umsätze in der weltweit zweitgrössten Volkswirtschaft geworden", berichtet die NZZ (14.11.22). Derweil wird die Politik durch die Frage umgetrieben, welche Konsequenzen aus der Erfahrung mit den Abhängigkeiten von Russland zu ziehen sind. Für Deutschland gewann sie durch Bundeskanzler Scholz' China-Besuch an Aktualität.

„Wandel durch Handel“ hat sich nach verbreiteter Meinung als Illusion erwiesen. Lesenswert hierzu aber die differenzierte Analyse des NZZ-Wirtschafts- und China-Experten Peter A. Fischer: „Wandel durch Handel funktioniert – genau das ist Putins und Xis Problem“ (Link).

Nun haben Russlands Angriff auf die Ukraine und Putins Gas-Erpressung auch die Erwartung erschüttert, dass Handel, wenn er wenn schon keine liberalisierende und demokratisierende Wirkung habe, so doch wenigstens friedliche Beziehungen stabilisiere. Die Überlegung schien plausibel: Auch ein Diktator sei nicht daran interessiert, seine Kunden kaputtzumachen. Putin strebt dies mit seiner Gas-Erpressung nun doch an.

Nach verbreiteter Expertinnen- und Expertenmeinung ist Chinas für die Weltwirtschaft ruinöse Tat, Taiwan anzugreifen, keine Frage des „Ob“ mehr, sondern nur noch des „Wann“: Eines „Wann“, das Diktator Xi nach militärischen Kriterien entscheiden werde: Wie lange will er noch aufrüsten, bis er zuschlägt?

Die schweizerischen Firmenleitungen mit engen Wirtschaftsbeziehungen zu China verschliessen sich dieser Perspektive nicht. Dem eingangs zitierten Bericht ist zu entnehmen: „Als Horrorszenario gilt vielen Firmen aber die Verhängung westlicher Sanktionen gegen China. Sie könnten drohen, falls sich das Land zum Einmarsch in Taiwan entschliessen würde.“

Dennoch könnte die Entscheidung, in den Kriegsmodus einzutreten, für Xi nicht ganz dieselbe sein, wie sie es für Putin war. Für China steht aussen- und binnenwirtschaftlich viel mehr auf dem Spiel. China hat viel erfolgreichere technologische,  ökonomische und soziale Aufbauarbeit geleistet, viel mehr weltweiten wirtschaftlichen Einfluss aufgebaut als Russland. Entsprechend hat China durch die Auslösung des Taiwan-Kriegs mehr zu verlieren als Russland durch den Angriff auf die Ukraine. Es ist zu befürchten, dass Xi trotzdem der nationalistischen Ideologie und dem Streben nach der als historisch angestrebten Tat den Vorrang geben wird. Aber sicher ist es nicht.

Was ergibt sich daraus für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen westlichen Demokratien und China? Umfassenden Rückzug zu verlangen, wäre wohl falsch. Abzubauen sind strategisch relevante Abhängigkeiten. Dies ist eine zwingende Konsequenz aus der Erfahrung von Putins Gas-Erpressung. Vor einem Ausbau der Investitionen und der Handelsanteile ist zu warnen. Und ganz sicher ist der Ausbau von Geschäfts- und Kooperationsbeziehungen zu China keine Strategie zur Substitution von Einbussen im EU-Raum infolge niedergehender bilateraler Beziehungen.

Siehe auch:

  • „Credit Suisse: Vertrauensbildung durch Ausbau des China-Geschäfts?“ (Link)
  • „Ob ein Europa-Krieg zum Weltkrieg würde, hinge vor allem von China ab“ (Link)
  • „Erstaunlich grosses Vertrauen in China“ (Link)
  • „Nationalrat setzt der China-Strategie Grenzen“ – das ist auch Europapolitik“ (Link)
Bild von Ulrich Gut

Ulrich Gut

Ulrich Gut (1952), Dr. iur., wohnt in Küsnacht ZH. Der ehemalige Chefredaktor und Kommunikationsberater kommentiert auf Online Plattformen politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Er präsidiert Unser Recht und ch-intercultur. 2009-2020 war er Zentralpräsident von Alzheimer Schweiz.

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