Die „Masseneinwanderungsinitiative“ wurde mit einer Mehrheit von 50,3 Prozent angenommen. Die Initianten hatten im Abstimmungskampf die Auswirkungen auf die bilateralen Verträge verharmlost und waren nicht einmal klar dazu gestanden, dass das Freizügigkeitsabkommen gekündigt werden müsse. Das Parlament setzte die Initiative in der Folge keineswegs im Sinne der Initianten um – aber, wie sich zeigte, im Sinne der Mehrheit von Volk und Ständen, denn diese lehnten eine Durchsetzungsinitiative der SVP namens „Begrenzungsinitiative“ deutlich ab.
Aktuell können wir beobachten, wie sich die Knappheit der Annahme der Erneuerung der Kampfflugzeugflotte auf dieses Beschaffungsvorhaben und darüber hinaus auf die Weiterentwicklung der Sicherheitspolitik auswirkt. Die Erkenntnis, wie schmal deren Basis geworden ist, müsste weiterführend werden. Die Sicherheitspolitik muss angesichts der weltweit wachsenden Kriegsgefahren wieder breiter abgestützt werden. (Mehr dazu hier.)
Wie würde es sich auswirken, wenn es den Gegnern der Konzernverantwortungsinitiative noch gelänge, ein knappes Volks-Nein oder auch nur ein Stände-Nein herbeizuführen? Die Konzerne, deren Verhalten dazu Anlass gab, diese Initiative einzureichen, wären von deren Druck befreit. Vielleicht würden sie sich etwas mehr um ihr Image bemühen und im Sinne des ständerätlichen Gegenvorschlags schöne Berichte schreiben, aber ihre Ausführenden weiterhin nach dem Prinzip führen: „Tu was du kannst für meine Interessen, aber sag mir nur nicht, wie. Wenn wir Schwierigkeiten bekommen, werde ich erklären, nichts gewusst zu haben.“ Es ist dieselbe Methode, die Regierende gegenüber Geheimdiensten anwenden.
Es ist aber auch damit zu rechnen, dass selbst die Annahme der Initiative nicht so bald starke Auswirkungen hätte. Hierzu schreibt Hansueli Schöchli in der NZZ vom 3.11.2020 (Link): „Bei einem Ja zur Schweizer Initiative bestünde das Risiko, dass die EU später deutlich abweichende Regeln beschliesst. Um ein solches Szenario zu vermeiden, würde das Schweizer Parlament mit der Umsetzung der Volksinitiative vielleicht zuwarten, bis der Kurs der EU klarer wird. Das könnte allerdings noch einige Jahre dauern. Im Unterschied etwa zur «Abzocker-Initiative» macht die Konzerninitiative keine konkreten zeitlichen Vorgaben für die Umsetzung. Und da sich die Initianten bereits «flexibel» in der Interpretation ihres eigenen Texts gezeigt haben, würde das Parlament möglicherweise wenig Hemmung haben, diese Flexibilität noch ein Stück stärker auszureizen.“