“Die Grundversicherer würden gerne mehr Einfluss nehmen auf die medizinische Behandlung ihrer Kunden”, berichtet die NZZ (Link zum Artikel).
Das Problem stellt sich bei allen anspruchsvollen Fachrichtungen, die man stärker kontrollieren will. Es ist überhaupt nicht selbstverständlich, hierfür geeignete Seitenwechsler in genügender Zahl zu finden, gehe es nun um Medizin, Chemie, Physik, Engeneering, Architektur, Management, Journalismus oder was auch immer.
Man sollte keine neuen hoch anspruchsvollen Kontrollen beschliessen, ohne die Voraussetzungen für die Gewinnung hinreichend qualifizierter Kontrolleurinnen und Kontrolleure abgeklärt zu haben.
Gibt es wissenschaftliche Studien über Seitenwechsel von Ausübung zu Kontrolle? Sie wären wichtige Beurteilungsgrundlagen. Sind das Leute, die die Lust an der eigenen ärztlichen Tätigkeit oder am eigenen Arbeiten als Ingenieur verloren haben – oder nie hatten? Weshalb? Wie wirken sich die Motive zum Seitenwechsel auf die Kontrolltätigkeit aus? Wie verhält es sich mit Bildungsgängen, die allenfalls direkt für eine Kontrollfunktion qualifizieren sollen, ohne Umweg über eine eigene praktische Anwendung des Fachwissens?
Ein Arzt, der zu einer Krankenversicherung wechselt, muss und wird ein anständiges Salär haben, aber wohl ein geringeres als manche Chefärzte und Spezialisten. Wollen wir uns drauf verlassen, dass ihn diese relative Bescheidenheit qualifiziert, die Behandlungsentscheide praktizierender Ärztinnen und Ärzte zu beurteilen, obwohl er selber sich aus der ärztlichen Praxis verabschiedet hat? Und es ist ja nicht so, dass ein Kontrolleur keine ökonomischen Interessen hat. Je mehr Einsparungen er für die Versicherung, bei der er arbeitet, erwirkt, desto rentabler ist sie, und desto besser kann seine Lohnentwicklung sein.