Die SVP braucht die «Zauberformel», um ihren Extremisten freien Lauf lassen zu können

Wie die "SonntagsZeitung" am 18.12.2022 berichtet, erklärt SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi jetzt schon, die SVP werde Bundesrat Berset wieder wählen, wenn ihn die SP für die Gesamterneuerungswahlen wieder aufstelle und weiterhin Anspruch auf zwei Bundesratssitze habe. Die SVP halte sich an die "bewährte Konkordanz".

Die «Zauberformel» bietet den drei wählerstärksten Parteien je zwei Mandate im  Bundesrat, der viertstärksten eines. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei, dass sie sachpolitisch bedingungslos der Regierung angehören können. Dies macht den Bundesratsparteien die Bahn frei für Oppositionspolitik: Sie können jede Abstimmungsvorlage bekämpfen, die Bundesrat und Parlamentsmehrheit zur Volksabstimmung bringen, und sie sind frei, Volksinitiativen zur Änderung der Politik der Regierung zu lancieren, der sie selbst angehören.

Deshalb konnte sich rechts der SVP schon länger keine Partei mehr halten. Die «Zauberformel» ermöglicht es der SVP, auch extreme Rechte zufriedenzustellen. Sie kann es sich auch leisten, in der Parteileitung das Ressort Europapolitik Nationalrat Roger Köppel anzuvertrauen, der in seiner «Weltwoche» soeben die Ko-Vorsitzende der AfD als mutigste Politikerin Deutschlands preisen liess.

Der Vergleich von Rechts- und Linksextremismus ist schwierig, und eine schlichte Gleichsetzung ist zu einfach. Festzustellen ist aber, dass sich das Prinzip des unverbindlichen Regierungsanspruchs auch auf der Linken auswirkt. Schon Peter Bodenmann konnte, als er Parteipräsident war, stolz feststellen, die SPS sei dank der «Zauberformel» die linkeste sozialdemokratische Partei ganz Europas. Wenn die SVP Tendenzen zeigt, sich zur Schwesterpartei der AfD zu entwickeln, so steht die SPS der deutschen Partei «Die Linke» wohl näher als der SPD. Andere Linksparteien, wie POCH und RML, wurden überflüssig und verschwanden. Die SP muss nur noch mit den Grünen konkurrieren, deren Präsidium die Europa-Initiative der Operation Libero unterstützt.

Würde das Prinzip des sachpolitisch bedingungslosen Regierungsanspruchs eingeschränkt oder gar aufgehoben, würde dies den Zusammenhalt der SVP und der SP gefährden. Sie müssten damit rechnen, dass es zu Abgängen extremer Kader und Mitglieder und zur Neugründung rechts- und linksextremer Parteien käme.

Mehr dazu:

«Wohin fährt der rechte Flügel der SVP?» (Link)

«Der neu konstituierte Bundesrat löst eine kurzlebige ‹Konkordanz›-Euphorie aus» (Link)

«Zur Forderung der Juso, die SP solle mit Gang in die Opposition drohen» (Link)

«Politologe Adrian Vatter schlägt Abschluss eines ‹Konkordanzvertrags› vor» (Link)

«Vor der Bundesratswahl: Regierungssystem der Schweiz im Wandel» (Link)

 

Vielen Dank fürs Lesen.

Schreiben Sie einen Kommentar