Demonstranten hinter dieser Parole wollen eine Verständigung mit Putin, um nicht weiter zu verarmen. Ein Teil von ihnen wird auch mit Putins Gesellschafts- und Staatsverständnis übereinstimmen. Man muss sich aber bewusst sein, dass die NATO nicht nur die militärische Widerstandsorganisation gegen Russland ist.
Die NATO bindet die Armeen der Mitgliedstaaten in ein System ein. Sie erschwert deren Einsatz gegen andere NATO-Staaten. Die meisten Rechtsextremisten sind extreme Nationalisten, und je nach Entwicklung des deutschen Rechtsextremismus ist vorstellbar, dass er die Grenzen zum Elsass und zu Polen wieder in Frage stellt – so wie österreichische „Freiheitliche“ vor ein paar Jahren die Südtirol-Frage zu reanimieren versuchten. Solange die deutsche Armee in die Führungsstrukturen der NATO eingegliedert ist, ist ihr Einsatz gegen ein Nachbarland militärtechnisch kaum vorstellbar. Zwar wecken die Drohungen Erdogans gegen Griechenland Zweifel, ob ein Angriff eines NATO-Staates auf einen anderes ganz unmöglich ist. Aber Erdogan kann sich täuschen, oder er kann mit seinen Drohungen vor allem einen wahlstrategischen Zweck verfolgen.
Schweizerische EU-Gegner pflegen der Darstellung der EU als erfolgreiche Garantin des Friedens unter ihren Mitgliedern entgegenzutreten mit dem Argument, der Friede unter den NATO-Staaten werde durch die NATO gesichert. Richtig ist wohl, dass sowohl die EU als auch die NATO zwischen ihren Mitgliedern befriedend gewirkt haben und weiter wirken.
Ein Ausspruch von Lord Ismay, NATO-Generalsekretär 1952-1957, lohnt in Erinnerung gerufen zu werden: Sinn und Zweck der NATO sei “to keep the Soviet Union out, the Americans in, and the Germans down.” (Link). Es liegt auf der Hand, dass es nicht im Sinne deutscher Rechtsextremisten sein kann, dass die NATO auch gegen eine Wiederaufstieg deutschen Revanchismus‘ stünde. Und was „to keep the Americans in“ betrifft: Zum Geschichtsbild deutscher, italienischer, europäischer Rechtsextremisten gehört notwendigerweise, dass Hitlers Deutschland ohne den Kriegseintritt der USA, ohne die Eröffnung der durch Stalin eindringlich geforderten zweiten Front im Westen Deutschlands, wohl den Krieg nicht verloren hätte.