Die „Zauberformel“ bietet den drei wählerstärksten Parteien je zwei Mandate im Bundesrat, der viertstärksten eines. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei, dass sie sachpolitisch bedingungslos der Regierung angehören können. Dies macht den Bundesratsparteien die Bahn frei für Oppositionspolitik: Sie können jede Abstimmungsvorlage bekämpfen, die Bundesrat und Parlamentsmehrheit zur Volksabstimmung bringen, und sie sind frei, Volksinitiativen zur Änderung der Politik der Regierung zu lancieren, der sie selbst angehören.
Deshalb konnte sich rechts der SVP schon länger keine Partei mehr halten. Die „Zauberformel“ ermöglicht es der SVP, auch extreme Rechte zufriedenzustellen. Sie kann es sich auch leisten, in der Parteileitung das Ressort Europapolitik Nationalrat Roger Köppel anzuvertrauen, der in seiner „Weltwoche“ soeben die Ko-Vorsitzende der AfD als mutigste Politikerin Deutschlands preisen liess.
Der Vergleich von Rechts- und Linksextremismus ist schwierig, und eine schlichte Gleichsetzung ist zu einfach. Festzustellen ist aber, dass sich das Prinzip des unverbindlichen Regierungsanspruchs auch auf der Linken auswirkt. Schon Peter Bodenmann konnte, als er Parteipräsident war, stolz feststellen, die SPS sei dank der „Zauberformel“ die linkeste sozialdemokratische Partei ganz Europas. Wenn die SVP Tendenzen zeigt, sich zur Schwesterpartei der AfD zu entwickeln, so steht die SPS der deutschen Partei „Die Linke“ wohl näher als der SPD. Andere Linksparteien, wie POCH und RML, wurden überflüssig und verschwanden. Die SP muss nur noch mit den Grünen konkurrieren, deren Präsidium die Europa-Initiative der Operation Libero unterstützt.
Würde das Prinzip des sachpolitisch bedingungslosen Regierungsanspruchs eingeschränkt oder gar aufgehoben, würde dies den Zusammenhalt der SVP und der SP gefährden. Sie müssten damit rechnen, dass es zu Abgängen extremer Kader und Mitglieder und zur Neugründung rechts- und linksextremer Parteien käme.
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