Der Wunsch der EU, dass die bilateralen Beziehungen zur Schweiz bald wieder auf eine solide Vertragsbasis gestellt werden, ist verständlich. Auch in der Schweiz wünschen dies Viele. „Die Wirtschaft“ hat allerdings die Europapolitik de-priorisiert. Sie bemüht sich, sie aus dem Wahlkampf rauszuhalten, weil sie die Wahlallianz mit SVP, Bauern und Gewerbe stört (Link).
Aber der Wunsch der EU ist unrealistisch, weil sie nicht in der Lage ist, auf Anforderungen zu verzichten, deren Erfüllung in der Schweiz durch die nationalistische und die gewerkschaftliche Blockadekraft verhindert wird. Die EU muss bei der Regelung des Zugang der Schweiz zu ihren Märkten und Kooperationen auf die Pflichten ihrer Mitgliedstaaten und die Notwendigkeit eines einheitlichen Rechts Rücksicht nehmen. Aber zu diesen Bedingungen wird die Schweiz nicht einlenken. Auch die EU kann nicht verkennen, dass die Blockadekräfte gestärkt aus den Wahlen vom 22. Oktober hervorgehen dürften – nicht wegen der Europafrage, sondern wegen der Migration und der Kampagne der SVP gegen die Einwandernden.
Eine Neuorientierung, eine Hinwendung der Schweiz zur Gemeinschaft der europäischen Demokratien ist erst vorstellbar, wenn die Schweiz über Jahre erprobt hat, ob sie die Nachteile des Drittlands-Status, in den sie mehr und mehr gerät, auf Dauer hinnehmen will.
Die EU müsste deshalb der Schweiz – auch und gerade mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen – realistischerweise kommunizieren: Wir stellen fest, dass Ihr bis auf Weiteres die Bedingungen, die wir für eine neue vertragliche Grundlage der bilateralen Beziehungen stellen müssen, nicht erfüllen wollt. Stellen wir uns also gemeinsam auf den Drittlands-Status der Schweiz ein und versuchen wir, das Beste daraus zu machen.
Schön wäre, wenn für die Forschungs- und Bildungskooperation im beidseitigen Interesse eine Ausnahme vom Drittlands-Status möglich würde. Schöchli berichtet aus dem EU-Parlament: „Diverse Votanten äusserten überdies den Wunsch, dass die Schweiz unabhängig vom Ausgang der laufenden Sondierungsgespräche wieder als voll assoziiertes Mitglied in die EU-Programme «Horizon» und «Erasmus» aufgenommen werde; dies sei zum Vorteil beider Seiten.“ Aber auch damit darf nicht gerechnet werden.
Link zum zitierten NZZ-Bericht.