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Verständigen sich Rechtsaussen-Parteien auf gemeinsame Europa- und Russland-Politik?

Ein Treffen, zu dem Lega-Chef Matteo Salvini eingeladen hat, wirft Licht darauf, was Rechtsaussen-Parteien europäischer Länder vereint und trennt. Ob auch der Bereichsleiter Europa-Politik der SVP, Roger Köppel, eingeladen wurde, ist nicht bekannt. Aber es kann sich auch auf die schweizerische Europa-Politik auswirken, ob sich eine breit abgestützte Rechtsaussen-Politik gegenüber EU und Russland herausbildet. - Eines scheint unmöglich: Dass sich die polnische PiS und die ungarische Fidesz auf eine gemeinsame Russland-Politik verständigen.

Aus einem Bericht der “Frankfurter Allgemeinen” unter dem Titel “Salvini ruft, Chrupalla kommt” (Link):

“Vor den Europawahlen will der italienische Lega-Chef ein internationales Rechtsbündnis schmieden. Das könnte schwierig werden. Wilders und Le Pen halten lieber Abstand. (…)

Die Umfragen in den einzelnen EU-Staaten sagen den rechten Parteien bei den Europawahlen deutliche Zugewinne voraus (…). Damit würde die ID-Fraktion in Straßburg erstmals die zweite, gemäßigtere rechte Parteienfamilie der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) überflügeln, der ein Zugewinn von 15 Mandaten auf dann 82 Sitze vorausgesagt wird. Führende Kraft in der EKR ist bisher die polnische Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), die nach den Europawahlen im Juni aber von den „Brüdern Italiens“ (FdI) unter Führung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni als stärkste Einzelpartei in der EKR-Fraktion abgelöst werden dürfte.

Würden die beiden rechten Fraktionen zusammengehen, kämen sie nach derzeitigem Stand auf 169 der insgesamt künftig 720 (statt bisher 705) Mandate in Straßburg. Damit würden die Rechten die zweitstärkste Kraft im Parlament stellen, hinter der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP), mit der CDU und der CSU aus Deutschland, die nach den Prognosen 175 Sitze erreichen dürfte. (…)

Für das Treffen in Florenz gab Salvini folgende Marschorder aus: „Unser Ziel ist es, die gesamte europäische Mitte-rechts-Bewegung zusammenzubringen, die heute in drei Fraktionen in Europa gespalten ist. (…)” (…)

Auf europäischer Ebene gibt es zwischen diesen Kräften der Konservativen und der Rechten aber zu viele politische Unterschiede – namentlich in der Haltung zu Russland – und auch persönliche Animositäten. Die „Brandmauer“ ist noch lange nicht in allen EU-Staaten und schon gar nicht auf EU-Ebene geschleift: Selbst der italienische Außenminister ­Tajani schließt eine Kooperation mit der AfD kategorisch aus, obschon seine Forza Italia mit dem italienischen AfD-Partner – Salvinis Lega – in Rom eine gedeihliche Koalition führt.

Das „Familientreffen“ der ID-Parteien in Florenz dürfte eine Tendenz der politischen Mäßigung bestätigen, mit welcher Le Pen, Wilders und auch Salvini zuletzt Erfolg hatten. Vom Austritt aus der EU ist nicht mehr die Rede, auch der Euro wird nicht mehr verteufelt. Stattdessen lautet die Parole jetzt, man müsse die EU von innen heraus reformieren, die Nationalstaaten müssten mehr Rechte für sich erstreiten statt die Union zu verlassen. Als politischer Hauptfeind werden neben den Sozialisten zunehmend die Grünen angeprangert, als deren verschwisterte ideo­logische Verirrung die „Öffnung“ des Kontinents für illegale Migranten und die Vernichtung der Wirtschaft durch Klima- und Umweltwahn gegeißelt wird. (…)”

*

Eine Verständigung einer repräsentativen und einflussreichen Gruppe europäischer Rechtsparteien, nicht mehr auf den Niedergang der EU und des Euro zu setzen, kann sich auch auf die schweizerische Europa-Politik auswirken. Ressortleiter Europa-Politik der SVP, der wählerstärksten Schweizer Partei, ist mit Roger Köppel ein Mann, der kürzlich Viktor Orban zu einem Vortrag im Beisein Christoph Blochers und Ueli Maurers einlud und dessen Zeitung Leuten wie Geert Wilders, Alice Weidel und Donald Trump huldigt.

Welche dieser Rechtsaussen-Partner sich künftig europa-politisch wie positionieren, kann sich deshalb  darauf auswirken, ob die SVP und die ihr nahestehenden Gruppierungen weiterhin auf den Zerfall der EU setzen.

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Ulrich Gut

Ulrich Gut (1952), Dr. iur., wohnt in Küsnacht ZH. Der ehemalige Chefredaktor und Kommunikationsberater kommentiert auf Online Plattformen politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Er präsidiert Unser Recht und ch-intercultur. 2009-2020 war er Zentralpräsident von Alzheimer Schweiz.

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