Die Präsidentin der Grünen, Regula Rytz, ging bisher erstaunlich gelassen mit der Bundesratsfrage um. Es mag ihr durch den Kopf gehen, dass die Grünen vielleicht die bessere Voraussetzung für die Wahlen 2023 schaffen, wenn sie noch vier Jahre DIE Oppositionspartei bleiben: Nicht nur Sowohl-Als-Auch-Partei wie SP und SVP, die sich trotz Regierungszugehörigkeit nach Belieben oppositionell verhalten.
Würden die Grünen im kommenden Dezember eine Bundesrätin oder einen Bundesrat erhalten, würden sie wohl ebenfalls eine Sowohl-Als-Auch-Partei. Aber ihr Regierungsmitglied müsste Bundesratsvorlagen vertreten. Das ist unbequem. Die SP leidet unter gewissen Vorlagen, Beschlüssen, Politiken und Praktiken, die Simonetta Sommaruga und Alain Berset, ihre Departemente und Bundesämter verantworten.
Bleiben die Grünen reine Oppositionspartei, stärken sie den linken Flügel der SP: Dieser kann argumentieren, die Abwanderung von der SP zu den Grünen werde weitergehen, wenn sich die SP weniger links profiliere als die Grünen.
Vielleicht sollte man sich doch ernsthafter überlegen, wie sich vier Jahre “Cohabitation” zwischen unterschiedlichen Mehrheiten in Bundesrat und Nationalrat auswirken – nicht nur auf die ungeduldigen Jungwählerinnen und Jungwähler.
“Seit 60 Jahren hat der Bundesrat nicht mehr so wenige Wähler vertreten”, stellt die NZZ im Frontseitentitel vom 22.10.19 fest.