Sie befinden sich hier:

Nach dem Klima-Urteil: Überprüfung der “Stellungnahme”, Kündigungsmotion der SVP

Mit den Stellungnahmen, die die Rechtskommissionen von Stände- und Nationalrat beantragen, wollen sie, wie man jetzt vernimmt, nur protestieren, nicht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ignorieren. Alle Medien hätten dies falsch verstanden, schrieb Ständerat Andrea Caroni am 30.5.24 in einem Post bei "X". Bürgerliche Ratsmitglieder erwägen nun eine klärende Textänderung. Und die SVP-Fraktion hat die angekündigten Motionen zur Kündigung der EMRK eingereicht.

Der Tages-Anzeiger berichtet in seiner Ausgabe vom 31.5.24 (Link): “(…) Im Ständerat sind nun Bemühungen für eine alternative Erklärung im Gang – ohne den umstrittenen Satz. Die neue Variante würde Kritik am Urteil enthalten und auf die bereits beschlossenen Klimamassnahmen hinweisen, den Bundesrat aber nicht dazu auffordern, das Urteil zu ignorieren beziehungsweise ihm keine weitere Folge zu geben.

Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger gehört zu den Befürworterinnen einer Alternativerklärung. Sie sagt: «Die Kritik finde ich absolut richtig, aber sie geht mir ein bisschen zu weit.» Der Ständerat wird am Mittwoch über den Vorschlag seiner Kommission und Anträge für Alternativen entscheiden. In der Rechtskommission des Nationalrates stand diese Woche laut Kommissionsmitgliedern ebenfalls eine Alternative zur Diskussion, fand aber keine Mehrheit. Allerdings habe sich die Kommission nur sehr kurz mit dem Thema befasst. «Das war alles andere als seriös», sagt Kommissionsmitglied Sibel Arslan, Nationalrätin der Grünen. Über die Erklärung in der ursprünglichen Version schüttelt Arslan den Kopf. Der Ständerat würde damit definitiv von einer «chambre de réflexion» zu einer «chambre de réflexe», sagt sie.”

Die SVP-Fraktion hat in beiden Räten ihre angekündigte Motion eingereicht, mit der sie die raschestmögliche Kündigung der EMRK verlangt:

Ständerat: Jakob Stark: 24.3513 | Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) | Geschäft | Das Schweizer Parlament

Nationalrat: Michael Graber: 24.3503 | Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) | Geschäft | Das Schweizer Parlament

Erneut behauptet die SVP in der Begründung fälschlicherweise, dass «die von der EMRK gewährleisteten Grundrechte ebenfalls durch die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft umfassend geschützt» seien. Hierzu: https://politreflex.ch/rechtsstaat-voelkerrecht/svp-verlangt-kuendigung-der-emrk-mit-einer-falschen-behauptung/

Ferner wurden zu diesem Thema eingereicht:

Postulat von Ständerat Carlo Sommaruga (SP, Genf), mit dem er sich nach den Auswirkungen des Urteils i. S. KlimaSeniorinnen erkundigt: 24.3508 | Pour une clarification des conséquences pour la Suisse concernant l’arrêt de la CEDH dans la cause Verein KlimaSeniorinnen Schweiz et autres c. Suisse | Objet | Le Parlement suisse (parlament.ch)

Interpellation von Ständerat Werner Salzmann (SVP, Bern): 24.3497 | Kompetenzüberschreitungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – Folgen für die Schweiz und was kann unser Land dagegen tun? | Geschäft | Das Schweizer Parlament

Picture of Ulrich Gut

Ulrich Gut

Ulrich Gut (1952), Dr. iur., wohnt in Küsnacht ZH. Der ehemalige Chefredaktor und Kommunikationsberater kommentiert auf Online Plattformen politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Er präsidiert Unser Recht und ch-intercultur. 2009-2020 war er Zentralpräsident von Alzheimer Schweiz.

Beitrag teilen

PDF erstellen oder ausdrucken

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfleder sind markiert *

Kommentar absenden

Ähnliche Artikel

Wählt die Bundesversammlung allmächtige Chefinnen und Chefs der Departemente?

Auch in der Schweiz werden eigentlich die wichtigsten Politiken durch die Gesamtregierung gestaltet und entschieden. Dennoch läuft jetzt die Diskussion über die bevorstehenden Bundesratswahlen, wie wenn die Bundesversammlung allmächtige Departementschefinnen und -chefs wählen würde. Nur schon die Möglichkeit, dass eine Kandidatin oder ein Kandidat ein bestimmtes Departement übernähme, kann so zum Ausschlussgrund werden.

Weiterlesen »

Ist die direkte Demokratie der Schweiz exportfähig?

“Die Welt muss verschweizern”, titelt die Weltwoche (18.8.22): “Der direkten Demokratie gehört die Zukunft.” Übernahme-interessierten Staaten würde sich die Frage stellen: Ist direkte Demokratie auch mit verbindlicher Regierungsbeteiligung möglich?

Weiterlesen »