Je aktiver, kontinuierlicher und ernsthafter eine Bürgerin, ein Bürger politisch partizipiert, desto klarer und vollständiger wird ihr, wird sein Bild von den handelnden Personen und Kräften und von den Verfahren, desto besser kann sie oder er die Kausalzusammenhänge sowie die Möglichkeiten und Grenzen der politischen Steuerung beurteilen, und desto stärker ist die Resistenz – Resistenz, nicht Immunität – gegenüber Propaganda, wilden Behauptungen, Verschwörungstheorien. Wenn sich die Partizipation nicht im Stimmen und Wählen erschöpft, sondern bis zur Mitwirkung an der Basis von Organisationen oder Parteien geht, ist diese Wirkung noch stärker.
Es geht nicht darum, die partizipative Demokratie zu idealisieren. Ob auf der Linken, in der Mitte oder auf der Rechten – wir alle sind immer wieder unzufrieden mit demokratischen Entscheiden und der Art, wie sie zustande gekommen sind. Die Komplexität der Probleme unserer Zivilisation und der Lösungen, über die zu entscheiden ist, überfordert immer mehr Mitwirkungsberechtigte und Mitwirkungswillige. Die Härte der Auseinandersetzungen treibt die Professionalisierung der Politik voran.
Partizipation schafft Vertrauens-Pyramiden: Von Bürgerin und Bürger zu Gemeindebehörden, lokalen Parteivorständen, NGO-Sektionen, von diesen zu den übergeordneten Organen. Irritationen, Unzufriedenheit, aufkommendes Misstrauen werden artikuliert, wahrgenommen, wenn möglich ausdiskutiert und in Politik umgesetzt.
Bei aller Unzulänglichkeit werden in einer Demokratie – und nicht nur in der direkten – von vielen Menschen grosse Leistungen der Meinungsbildung und Einflussnahme erbracht. Sie rechtfertigen Zuversicht, dass die Bewirtschafter des Misstrauens und die Verschwörungspropagandisten nicht durchmarschieren werden.
Auch deshalb ist demokratische Partizipation zu ermöglichen, zu erleichtern, zu fördern, und wenn sie zurückgeht, darf uns dies nicht egal sein.