Die Fussball-WM in Katar treibt die Heuchelei-Polemik gegen den Einsatz für die Menschenrechte, gegen Protest gegen ihre Verletzung, auf die Spitze. Es sind nicht mehr nur die grossen Diktaturen wie China und Russland, die der Forderung nach universeller Geltung der Menschenrechte entgegenhalten, es komme nicht darauf an, wie mit Individuen und Minderheiten umgegangen werde; entscheidend sei vielmehr, dass der Staat die primären Bedürfnisse der Menschen befriedige. Selbst der Generalsekretär der FIFA stösst ins Heuchelei-Horn (Link).
Kann der Einsatz für die Menschenrechte, der Protest gegen ihre Verletzung Heuchelei sein? Doppelmoral sein? Ja, wenn er mit Inkonsequenz einher geht. Ja, wenn zum Beispiel gleichzeitig angestrebt wird, die Geschäftsbeziehungen zu Regimen, die Menschenrechte verletzen, auszubauen (wie etwa die Credit Suisse: Ausbau des China-Geschäfts (Link), saudische Beteiligung an Kapitalsanierung).
Die Glaubwürdigkeit der Menschenrechtspolitik der Schweiz hängt auch von der Glaubwürdigkeit der schweizerischen NMRI ab. Vergleichbare westeuropäische Staaten haben ihre NMRI gemäss „Pariser Prinzipien“ der UNO längst geschaffen und finanzieren sie so, dass sie ihre Aufgaben glaubwürdig erfüllen kann. Als der Bundesrat die Botschaft für die gesetzliche Grundlage redigierte, hielt er einen Bundesbeitrag von einer blossen Million jährlich für genügend. Die Vorbereitungsarbeiten haben gezeigt, dass dies bei Weitem nicht genügt, wenn die NMRI die Aufgaben erfüllen soll, die ihr das Gesetz stellt. Das Parlament kann dem nun Rechnung tragen durch einen entsprechenden vierjährigen Finanzierungsrahmen Rechnung.
Die NMRI ist weder ein zusätzliches Gericht noch eine zusätzliche Ombudsstelle. Sie ist ein präventives Organ, das sich Staaten gegeben haben, die wissen, dass die Entwicklung der Zivilisation die Einhaltung der Menschenrechte nicht einfacher macht, sondern immer wieder neue praktische Fragen aufwirft und Lösungen erfordert.