Im Kanton St. Gallen hatte die Polizei seit Einführung des Verbots noch mit keiner einzigen Burka- oder Nikab-Trägerin zu tun. Einige Erfahrungen machte man im Tessin.
Die kleine Zahl von Burka- und Nikab-Trägerinnen, die in der Schweiz leben, erleichtert es den Befürwortenden, die Auswirkungen auf sie zu verdrängen und zu einem Grundsatzentscheid von weltweiter Bedeutung aufzurufen: Durch ein Verbot der Vollverhüllung solidarisiere sich die Schweiz mit den unterdrückten Frauen im Iran, in Saudiarabien und anderen islamischen Ländern. Im „Echo der Zeit“ vom 11.2.21 sagte eine befürwortende Feministin, wenn die Schweiz die Initiative ablehne, werde der Fernsehsender Al-Jazeera in der arabischen Welt verbreiten, die Schweizerinnen und Schweizer fänden es gut, dass Frauen Burka und Nikab tragen müssten.
Aber die Ablehnung eines Verbots bedeutet kein Bejahen der Verhaltensweise, die nicht verboten wird. Die alte Volksweisheit gilt noch immer: Nicht alles, was nicht verboten ist, ist gut. Diese Unterscheidung kann vielleicht auch die Redaktion von Al-Jazeera treffen. Wo kämen wir hin, wenn alles verboten, durch die Polizei verfolgt und bestraft würde, was unvernünftig, unanständig, abstossend ist?
Wenn wir in der Schweiz ein Gesetz erlassen, tragen wir in erster Linie Verantwortung für dessen Anwendung in der Schweiz. Es ist bedauerlich, dass Menschen glauben, ein Gott verlange von ihnen oder von ihrer Frau, Tochter, Schwester, sich voll zu verhüllen. Aber das Wegsperren solcher Frauen aus dem öffentlichen Raum ist keine vernünftige Massnahme dagegen.
„Burkaverbot: Stimmen wir über Frauen in der Schweiz ab oder über eine Botschaft an die Welt?“ (Link)
„Burkas – ‚aus den Augen, aus dem Sinn?'“ (Link)^