Der Ständerat beschloss in der Junisession, als Beitrag zur Finanzierung der Nachrüstung unserer Armee die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit um ein Viertel zu kürzen.
Putin macht’s nötig: Die Demokratien Westeuropas müssen ihre Armeen stark und schnell aufrüsten. Wird dies in der Schweiz mit einer Massnahme finanziert werden, die im Interesse des aggressiven Imperialisten in Moskau ist?
In der Folge meldete sich eine «Allianz für eine ganzheitliche Sicherheitspolitik» zum Wort. Auszug aus ihrer Stellungnahme vom 14. Juni 2024 unter dem Titel «Stärkung der Armee nicht auf Kosten der ganzheitlichen Sicherheit»:
«(…) Das Armeebudget und die internationale Zusammenarbeit in der Budget-Diskussion gegeneinander auszuspielen, ist kurzsichtig und kontraproduktiv. Neben der Aufrüstung infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine darf die langfristige Konfliktprävention nicht zur Nebensache verkommen. Die Entwicklungszusammenarbeit leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur langfristigen Sicherheit der Schweiz. So steht es auch im sicherheitspolitischen Bericht des Bundesrates: «Sie [die Aussenpolitik] trägt zur Stärkung internationaler Sicherheit und Stabilität bei, indem sie gute Dienste anbietet, Beiträge zur Friedensförderung leistet, sich für Völkerrecht, Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte einsetzt, die Ursachen von Instabilität und Konflikten mit der Entwicklungszusammenarbeit bekämpft und mit humanitärer Hilfe zur Linderung der Not der Zivilbevölkerung beiträgt» (S.32). Nur mit einer ausreichend finanzierten Entwicklungszusammenarbeit kann die Schweiz diesem Auftrag nachkommen.
(…) Damit würden laufende, erfolgreiche Projekte gestoppt und jahrzehntelang aufgebaute Strukturen zerstört, die diejenigen Menschen erreichen, die Hilfe am dringendsten benötigen. Ebenso würde die Schweiz eingegangene Verpflichtungen nicht mehr erfüllen, was dem internationalen Ansehen der Schweiz und damit auch ihrer Möglichkeit, Gute Dienste zu leisten, grossen Schaden zufügen würde. Das kann nicht im ureigenen Interesse der Schweiz nach Sicherheit und Stabilität liegen. (…) Es müssen andere Kompensations- oder Finanzierungsmöglichkeiten gefunden werden.»
Link zur Homepage der Allianz für ein ganzheitliche Sicherheitspolitik.
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Helvetas schreibt zu den Auswirkungen der geforderten Kürzung:
«Mit den Kürzungen müsste sich die Schweiz aus mehreren Schwerpunktländern zurückziehen und ihre humanitäre, friedens- und entwicklungspolitische Arbeit stark zurückfahren. Mit absehbaren Folgen für ärmere Länder: weniger humanitäre Hilfe, weniger Unterstützung bei Gesundheit und Ernährungssicherung, weniger Klimaschutz und Anpassung an Überschwemmungen und Dürren. Mädchen, die nicht in die Schule können. Und mehr junge Menschen in Afrika, die kein Auskommen finden und sich deshalb auf den Weg machen.» Es folgt ein Argumentarium mit Widerlegungen falscher Behauptungen. Link.
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Die Forderung nach Abbau der Entwicklungszusammenarbeit wird begleitet durch die Behauptung, diese sei teilweise zu wenig wirksam. Zahlreiche Projekte könnten bedenkenlos aufgegeben werden. Diese Behauptung soll eine Skepsis bedienen, die vermeintlich in Teilen der politischen Szene und der Bevölkerung verbreitet ist. Wenn die Wirkungsfrage in der weiteren Auseinandersetzung über die Mittelkürzung seriös diskutiert wird, kann dies durchaus zu einer Stärkung der politischen Stellung und Akzeptanz der Entwicklungszusammenarbeit führen. Denn in Politik und Öffentlichkeit ist die Wirkungsmessung der Entwicklungszusammenarbeit wenig bekannt.
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Wenn Befürworterinnen und Befürworter einer starken Reduktion der Entwicklungszusammenarbeit meinen sollten, damit populär zu politisieren, könnten sie sich täuschen. Wieviel Unterstützung Entwicklungsprojekte in der Bevölkerung finden, zeigen die hohen Beiträge, die Jahr für Jahr an schweizerische Entwicklungswerke gespendet werden. Diesen Spenderinnen und Spendern geht es nicht einmal primär um den legitimen sicherheits- und aussenpolitischen Eigennutz der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit. Sie sind und bleiben primär humanitär motiviert. Eine massive Kürzung der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit wird bei ihnen nicht auf Zustimmung, sondern auf Unverständnis bis hin zu Empörung stossen.