„Die Polarisierung hat der Schweiz nicht gut getan“, stellt Fischer im Lead des Leitartikels fest. „Die offensichtlichsten Probleme bleiben ungelöst, stattdessen werden Scheingefechte geführt. Es braucht wieder mehr Politikerinnen und Politiker, die den Konsens suchen.“ (Link zum Leitartikel.)
„Die Schweiz ist zu Recht stolz auf ihre direkte Demokratie“ schreibt der Fischer. „Diese ist wie kaum eine andere auf Konsens angelegt. Die Polarisierung der vergangenen Jahre hat das Land und seine Wirtschaft nicht weitergebracht. Statt Grabenkämpfer braucht es mehr Persönlichkeiten, die dem Volk reinen Wein einschenken, Lösungen für die echten Probleme formulieren und Koalitionen zu deren Umsetzung zimmern. Beim Ausfüllen der Stimmzettel für die Wahl der National- und Ständeräte müsste das zu einem wichtigeren Kriterium werden als inhaltsleere Parteiparolen.“
Nachdem er sich mit den Blockadekräften SVP und durch die Gewerkschaften dominierter SP auseinandergesetzt hat, schreibt Fischer: „Der FDP-Präsident Thierry Burkart wiederum hat viel Vernünftiges zu sagen darüber, dass Wohlstand zuerst erarbeitet werden muss und die Schweiz eine sichere Stromversorgung, moderne Infrastruktur und nachhaltige Altersvorsorge braucht. Doch zum Thema Europa findet Burkart auch nach jahrelanger Diskussion bloss, man solle doch den Bundesrat machen lassen und abwarten, was dabei herauskomme.
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Eine Entkrampfung des Verhältnisses zur EU ist überfällig. Der bilaterale Weg hat der Schweiz eine massgeschneiderte Integration in den EU-Binnenmarkt ermöglicht, die der Wirtschaft Vorteile und dem Land Wohlstand gebracht hat. Der Streit um die Fortsetzung lässt den bilateralen Weg erodieren. Studenten, Forscher, Firmen und nicht zuletzt Konsumenten leiden darunter.“
Als weitere Bereiche, in denen Blockaden zu überwinden seien, führt Fischer Energiepolitik, Altersvorsorge, Gesundheitspolitik (herausgegriffen sei das Stichwort Pflegeversicherung) und Zuwanderung an.
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Fischer setzt zur Überwindung der Blockaden auf personelle Veränderungen. Die Blockaden sind aber systembedingt: Bisher ist die Zugehörigkeit einer Partei zum Bundesrat sachpolitisch unverbindlich. Die „Zauberformel“ funktioniert prinzipiell arithmetisch, wenn auch nicht immer sofort (Abneigung gegen Nichtwiederwahl von Bundesrätinnen und Bundesräten), wobei Ausnahmen wie die Nichtwiederwahl Christoph Blochers möglich sind.
Die Parteien geniessen die Freiheit, nach den Wahlen mit keiner anderen koalieren zu müssen: Die Freiheit, trotz Regierungsbeteiligung Opposition zu sein, und als solche ihren Anhang bei Laune zu halten und weiter zu radikalisieren. Ob kooperationswillige Gewählte daran etwas ändern können? Man darf ja hoffen.
Mehr dazu:
„Schweizer Wahlen – ohne Notwendigkeit der Mehrheitsbildung“ (Link)
„Ärger über Polarisierung – folgenschwer sind die Blockaden“ (Link)
„Verdrängt ‚die Wirtschaft‘ die Europapolitik aus den Wahlen?“ (Link)
„Wirtschaftskanton Zürich – durch einen Bilateralen-Blockierer im Ständerat vertreten?“ (Link)
„KdK-Präsident: Für die Kantone sind geregelte Beziehungen zur EU zentral“ (Link)
„Vielen KMU bereiten die Beziehungen Schweiz-EU schwere Sorgen“ (Link)